Seit Ende des Brexit-Übergangs verwirft die britische Regierung erstmals europäische Regeln. Getroffen hat es die umstrittene Datenschutzgrundverordnung.
Der Streit um Nordirland ist noch voll im Gange und schon kommt das nächste Konflikt-Thema zwischen London und Brüssel: Im Zuge der Brexitverhandlungen will sich die britische Regierung von der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) lösen. Wie die Süddeutsche berichtet, kündigte die Regierung an, Kerninhalte der umstrittenen Regel abschaffen zu wollen. Als Ersatz soll ein neues Gesetz mit weniger bürokratischen Vorschriften folgen. „Jetzt, da wir die EU verlassen haben, bin ich entschlossen, die Gelegenheit zu ergreifen und eine weltweit führende Datenpolitik zu entwickeln, die eine Brexit-Dividende für Privatpersonen und Unternehmen bringt“, sagte Kulturminister Oliver Dowden in einer Stellungnahme.
Zum ersten Mal wendet sich Großbritannien von der EU ab
Damit wendet sich die britische Regierung zum ersten Mal seit der Unterzeichnung des Handelsabkommens mit Brüssel im Dezember 2020 gegen EU-Regeln. London möchte damit den bürokratischen Aufwand für Unternehmen verringern und erhofft sich dadurch eine „Turboladung“ für die Wirtschaft, wie Kulturminister Dowdon es formulierte. Direkte Auswirkungen werden also eine Reihe von Unternehmen spüren, die personenbezogene Daten in Großbritannien verarbeiten. Das berichtet die Computerwoche. Laut einer Bitkom-Studie betrifft es rund elf Prozent der deutschen Unternehmen. Lediglich zwei Prozent planten aber überhaupt, nach dem Brexit die Datenverarbeitung in Großbritannien noch weiterzuführen.
Die „britische DSGVO“ soll unbürokratischer werden
Die Frage wird bleiben, wie Großbritannien unbürokratischer – mit den Worten von Dowdon – ohne „unnötige“ Vorschriften die Privatsphäre der Menschen schützen wird. Die Regierung will damit besonders kleine Betriebe und soziale Einrichtungen unterstützen, die sonst für Mitteilungen jeweils die Einwilligung der Bürger bräuchte. Viele von ihnen seien durch die große Anzahl von Prüfungen überfordert, sagte Dowden. Und fügte an: „Wir sollten von einem kleinen Familienbetrieb nicht genau dasselbe erwarten wie von einem riesigen Social-Media-Unternehmen.“
In diesem Zuge möchte die britische Regierung auch Cookie-Banner abschaffen. Cookies, die ein hohes Risiko für die Privatsphäre darstellen, sollten einer weiteren Einverständniserklärung bedürfen. Nach Einschätzung von Minister Dowdon seien viele Banner schlichtweg „sinnlos“ und könnten entfernt werden.
Die Reaktion aus Brüssel ließ nicht lange auf sich warten. Die Behörden drohten mit Konsequenzen, sollten die neuen britischen Regeln unter dem EU-Niveau liegen.
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