Seit August 2017 geht es mit Ryanair an der Börse stetig bergab. Gründe gibt es dafür mehrere. Schlechte Arbeitsbedingungen und darauffolgende Streiks der Angestellten des Billigfliegers sorgten für schlechte Presse. Auch die Reaktionen von Michael O’Leary, dem CEO von Ryanair, wirkten sich negativ auf die öffentliche Wahrnehmung aus. Nun fordern die Investoren des irischen Billigfliegers, dass ein Ersatz für O’Leary gesucht wird. Allerdings ist Ryanair nicht die einzige Baustelle in Europas Luftfahrt: Die ganze Branche befindet sich derzeit im Stresstest.
Wie damals Lilienthal
Ein Symptom ist die Pleite von Air Berlin im Jahr 2017. In den folgenden Monaten ereignete sich eine Serie von Insolvenzen kleinerer Luftfahrtunternehmen, die teilweise sogar über Nacht dichtmachten – ohne Vorwarnung oder Ankündigung. Unter den insolventen Fluggesellschaften befinden sich etwa die Schweizer Skywork Airlines, die VLM Airlines aus Belgien, Litauens Small Planet und Azur Air aus Deutschland. Die Passagierzahlen und die Anzahl der Flüge steigen dennoch und belasten die übrig gebliebenen Unternehmen.
Drei Stunden Wartehalle
Die massenhaften Flugausfälle und Verspätungen des Sommers werden sich wiederholen, ist der Ryanair-CEO O’Leary überzeugt. 2018 maß das Verbraucherportal EUclaim einen 67-prozentigen Anstieg von annullierten Flügen im Vergleich zu 2017. 5.000 Flüge verspäteten sich um mindestens drei Stunden. In der Ferienzeit bedeutet das ein heilloses Chaos. Und der Trend hält an. O’Leary rechnet ferner mit weiteren Insolvenzen, die ihrerseits die Flugbranche belasten können.
„Es wird in diesem Winter noch mehr und noch größere Zusammenbrüche geben.“ – Michael O’Leary, CEO von Ryanair
Gipfeltreffen
Für Luftfahrtgesellschaften sind nicht nur die wachsenden Passagierzahlen oder Lieferengpässe neuer Flugzeuge eine Belastung, sondern auch die Kerosinkosten. Die Welt führt die Lufthansa als Beispiel an: 2017 beliefen sich die Treibstoffkosten der Airline auf 5,2 Milliarden Euro. Dieses Jahr sollen zusätzliche 850 Millionen Euro dazukommen. Bei einem Luftfahrtgipfel Anfang Oktober versuchten Politiker und Branchenvertreter eine Lösung für die Branche zu finden. So sollen zum Beispiel mehr Fluglotsen eingesetzt und gleichzeitig von Sonderaufgaben entbunden werden.
Fliegende „Zombies“?
Ob der Plan des Luftfahrtgipfels aufgehen wird, bleibt abzuwarten. In Italien wird Alitalia aktuell nur noch von Steuergeldern am Leben gehalten, ist aber ebenfalls bereits insolvent. In Großbritannien ist noch unbekannt, wie sich der Brexit auf die britische Luftfahrt auswirken wird. Die Ryanair-Aktie steht mit 2,46 Prozent im Minus und ist 11,88 Euro wert. Die Lufthansa rauscht mit 7,72 Prozent in die Tiefe, der Aktienpreis beträgt 17,38 Euro.
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